Ibn Battūta

Léon Benett: Ibn Battuta in Ägypten (1878)

Abū ʿAbdallāh Muhammad ibn Battūta (arabisch أبو عبد الله محمد بن بطوطة, DMG Abū ʿAbdallāh Muḥammad b. Baṭṭūṭa, Zentralatlas-Tamazight ⵉⴱⵏ ⴱⴰⵟⵟⵓⵟⴰ) (geboren 24. Februar 1304 in Tanger, Marokko; gestorben 1368 oder 1377 in Marokko) war ein berberischer Rechtsgelehrter und Autor des Reiseberichtes (تحفة النظار في غرائب الأمصار وعجائب الأسفار Tuḥfat an-Nuẓẓār fī Gharāʾib al-Amṣār wa ʿAǧāʾib al-Asfār, deutsch ‚Geschenk für diejenigen, welche die Wunder von Städten und den Zauber des Reisens betrachten‘ oder kurz الرحلة ar-Riḥla, deutsch ‚Die Reise‘.) Battūtas Reisebericht handelt von einer Pilgerfahrt nach Mekka und einer anschließenden Reise von mehr als 120.000 km Länge durch die gesamte islamische Welt und darüber hinaus.

Die folgenden Ausführungen basieren auf den Informationen des Reiseberichtes.

Leben

Pilgerfahrt nach Mekka

Mit 21 Jahren ging Battūta auf muslimische Pilgerfahrt nach Mekka. Auf dem Landweg reiste er entlang der nordafrikanischen Küste, bis er über Alexandrien Kairo erreichte. Hier befand er sich auf relativ sicherem mamlukischen Gebiet und begab sich auf seinen ersten Abstecher vom Weg. Damals gab es drei gebräuchliche Etappen: eine Fahrt nilaufwärts, dann östlich zur Hafenstadt Aidhab am Roten Meer. Dort musste er jedoch wegen eines örtlichen Aufstandes wieder umkehren.

Zurück in Kairo, machte er sich auf einen zweiten Umweg nach Damaskus (damals ebenfalls unter mamlukischer Kontrolle), nachdem er vorher einen „heiligen Mann“ getroffen hatte, der ihm geweissagt hatte, er würde Mekka erst nach einer Reise durch Syrien erreichen. Ein weiterer Vorteil seines Umweges war, dass andere heilige Stätten am Weg lagen – etwa Hebron, Jerusalem und Bethlehem – und die mamlukischen Behörden sich besonders bemühten, diesen Pilgerweg zu sichern.

Nachdem er den Fastenmonat Ramadan in Damaskus verbracht hatte, schloss sich Ibn Battūta einer Karawane an, welche die Strecke von Damaskus nach Medina, dem Begräbnisort des Propheten Mohammed, zurücklegte. Um bei Kräften zu bleiben, aß Battūta die Jungen seines Kamels, da er Nachwuchs nicht brauchen konnte. Nach vier Tagen dort reiste er weiter nach Mekka. Er absolvierte die Rituale, die für die Erlangung seines neuen Status als Hadschi notwendig waren, und hatte nun seinen Heimweg vor sich. Nach kurzer Überlegung entschied er sich jedoch weiterzureisen. Sein nächstes Reiseziel war das Reich der mongolischen Ilchane, das auf dem Gebiet des heutigen Iran/Iraks liegt.

Über Mesopotamien an die Seidenstraße

Er schloss sich wiederum einer Karawane an und überquerte mit ihr die Grenze nach Mesopotamien, wo er Nadschaf besuchte, den Begräbnisort des vierten Kalifen Ali. Von hier reiste er nach Basra, anschließend nach Isfahan, das nur einige Jahrzehnte später von dem turkmenischen Eroberer Timur beinahe vollständig zerstört werden sollte. Ibn Battūtas nächste Stationen waren Schiras und Bagdad, das in schlechtem Zustand war, nachdem es von Hülegü eingenommen worden war.

Er traf dort auf Abū Saʿīd, den letzten Herrscher des vereinigten Il-Khanats. Ibn Battūta reiste eine Zeitlang mit der königlichen Karawane und wandte sich dann Richtung Norden nach Täbris an der Seidenstraße. Als erste große Stadt der Region hatte Täbris seine Tore den Mongolen geöffnet und hatte sich so zu einem wichtigen Handelszentrum entwickelt, nachdem fast alle seine Nachbarstädte zerstört worden waren.

Entlang der afrikanischen Küste

Nach dieser Reise kehrte Ibn Battūta mit einer zweiten Hadsch nach Mekka zurück und lebte dort ein Jahr lang, um sich dann auf eine zweite große Reise einzuschiffen, diesmal das Rote Meer hinunter entlang der ostafrikanischen Küste. Sein erster großer Stopp war Aden, wo er plante, ein Vermögen durch Handel mit Waren zu machen, die vom Indischen Ozean auf die arabische Halbinsel kamen. Bevor er diese Pläne in die Tat umsetzte, entschied er, ein letztes Abenteuer in Angriff zu nehmen, und meldete sich im Frühjahr 1331 zu einer Reise Richtung Süden entlang der afrikanischen Küste.

Jeweils rund eine Woche verbrachte er unter anderem in Äthiopien, Mogadischu, Mombasa, Sansibar und Kilwa. Mit dem Wechsel des Monsunwindes kehrte sein Schiff nach Süd-Arabien zurück. Nachdem er diese letzte Reise vor seiner endgültigen Sesshaftwerdung hinter sich gebracht hatte, entschloss er sich, direkt Oman und die Straße von Hormus zu besuchen.

Von Mekka über Konstantinopel nach Delhi

Danach reiste er noch einmal nach Mekka, wo er wieder ein Jahr verbrachte und anschließend entschied, sich um eine Anstellung beim muslimischen Sultan von Delhi zu bemühen. Um einen Führer und Übersetzer für seine Reise zu finden, ging er nach Anatolien, das sich unter der Kontrolle der seldschukischen Türken befand, und schloss sich dort einer Karawane nach Indien an. Eine Seereise von Damaskus auf einem genuesischen Schiff brachte ihn nach Alanya an der Südküste der heutigen Türkei. Von dort reiste er über Land nach Konya und Sinope an der Schwarzmeerküste.

Er überquerte das Schwarze Meer und ging in Kaffa auf der Krim an Land, womit er das Gebiet der Goldenen Horde betrat. Bei seiner Fahrt durchs Land traf er zufällig auf die Karawane von Özbeg, dem Khan der Goldenen Horde, und schloss sich dessen Reise an, die auf der Wolga bis nach Astrachan führte. In Astrachan angekommen, gestattete der Khan einer seiner Frauen, die schwanger war, ihr Kind in ihrer Heimatstadt – Konstantinopel – zu bekommen. Man wundert sich nicht, dass Ibn Battūta den Khan überredete, ihn an dieser Reise teilnehmen zu lassen – die erste, die ihn über die Grenzen der islamischen Welt hinaus führte.

Gegen Ende 1332 kam er in Konstantinopel an, begegnete dem Herrscher Andronikos III. und sah die Hagia Sophia von außen. Nach einem Monat in der Stadt kehrte er nach Astrachan zurück, um von dort aus hinter dem Kaspischen Meer und dem Aralsee nach Buchara und Samarkand zu reisen. Von dort aus wandte er sich Richtung Süden nach Afghanistan, um über die Bergpässe nach Indien zu gelangen.

Im Sultanat von Delhi

Das Sultanat von Delhi war erst kurz vorher islamisch geworden, und der Sultan wollte so viele islamische Gelehrte und Funktionsträger wie möglich anstellen, um seine Macht zu stärken. Aufgrund von Ibn Battūtas Studienzeiten in Mekka wurde er als Qādī („Richter“) von Sultan Muhammad bin Tughluq in Dienst genommen.

Der Sultan war selbst nach damaligen Maßstäben unberechenbar; Ibn Battūtas Rolle schwankte zwischen dem luxuriösen Leben eines Vertrauten des Herrschers und vielerlei Verdächtigungen und Misstrauen. Schließlich entschied er sich, unter dem Vorwand einer weiteren Pilgerreise das Land zu verlassen. Der Sultan bot ihm als Alternative jedoch an, Botschafter in China zu werden. Ibn Battūta ergriff die doppelte Gelegenheit, sowohl aus der Reichweite des Sultans zu kommen als auch neue Länder zu bereisen.

Über die Malediven nach China

Auf dem Weg zur Küste wurde seine Reisegruppe von Hindurebellen angegriffen – er wurde von seinen Begleitern getrennt, ausgeraubt und beinahe getötet. Trotz allem holte er seine Gruppe nach zwei Tagen ein und setzte seine Reise nach Cambay fort. Von dort aus segelte er nach Calicut im Südwesten Indiens. Während Ibn Battūta eine Moschee am Ufer besuchte, kam ein Sturm auf und zwei seiner Expeditionsschiffe sanken. Das dritte Schiff ließ ihn am Ufer zurück; es wurde einige Monate später von einem regionalen König in Sumatra beschlagnahmt.

Aus Angst, als Versager nach Delhi zurückzukehren, blieb er eine Weile im Süden unter dem Schutz von Dschamal al-Din. Als er dessen Gastfreundschaft lange genug genossen hatte, wurde es notwendig, Indien endgültig zu verlassen. Er entschied sich, seine Reise in das Kaiserreich China fortzusetzen, allerdings gleich zu Beginn mit einem Umweg über die Malediven.

Weit mehr Zeit als beabsichtigt, nämlich neun Monate, blieb er auf der Inselgruppe. Seine Erfahrungen als Richter waren auf diesen abgelegenen Inseln hochwillkommen, und er wurde – halb durch Bestechung, halb durch Gewalt – zum Bleiben genötigt. Seine Berufung zum obersten Richter und seine Heirat in die königliche Familie verwickelten ihn in die Lokalpolitik; als er einige strenge Urteile fällte, die in der liberalen Inselgesellschaft nicht akzeptiert wurden, musste er das Land schließlich doch wieder verlassen. Er wandte sich nach Ceylon, um das religiöse Heiligtum Sri Pada (Adam's Peak) zu besichtigen.

Als er von Ceylon aus in See stach, sank sein Schiff beinahe in einem Sturm – nachdem ein anderes Schiff ihn gerettet hatte, wurde es von Piraten angegriffen. Am Ufer gestrandet, schlug sich Ibn Battūta wieder einmal nach Calicut durch, von wo aus er wieder auf die Malediven segelte, bevor er an Bord einer chinesischen Dschunke erneut versuchte, nach China zu kommen.

Dieses Mal glückte der Versuch – er erreichte zügig Chittagong, Sumatra, Vietnam und schließlich Quanzhou in der Provinz Fujian. Von dort aus wandte er sich nach Norden in Richtung Hangzhou, unweit des heutigen Shanghai. Ibn Battūta behauptete außerdem, noch weiter in den Norden durch den Großen Kanal (Da Yunhe) nach Peking gereist zu sein, was jedoch allgemein als Erfindung betrachtet wird.

Zurück nach Mekka und der Schwarze Tod

Bei seiner Rückkehr nach Quanzhou entschied sich Ibn Battūta, nach Hause zurückzukehren – obwohl er nicht recht wusste, wo sein Zuhause eigentlich war. Zurück im indischen Calicut, erwog er kurz, sich der Gnade des Sultans Muhammad bin Tughluq auszuliefern, überlegte es sich jedoch anders und kehrte erneut nach Mekka zurück. Auf seinem Weg über Hormus und das Il-Chanat fand er den Mongolenstaat durch einen Bürgerkrieg in Auflösung begriffen; der Herrscher Abu Sa'id war inzwischen gestorben.

Als er in Damaskus ankam, um von dort aus seine erste Pilgerreise nach Mekka nachzuvollziehen, erfuhr er vom Tod seines Vaters. Der Tod blieb in diesem Jahr auch weiterhin sein Begleiter, weil die Pest ausgebrochen war und Ibn Battūta Zeuge der Ausbreitung des schwarzen Todes über Syrien, Palästina und Arabien wurde. Nachdem er Mekka erreicht hatte, entschied er sich, nach Marokko zurückzukehren, beinahe ein Vierteljahrhundert nach seiner Abreise von dort. Auf der Heimreise machte er einen letzten Umweg über Sardinien und kehrte dann nach Tanger zurück – um dort zu erfahren, dass auch seine Mutter einige Monate zuvor gestorben war.

Von Tanger nach Spanien und zurück

Aber auch in Tanger hielt es ihn nicht lange – er machte sich auf den Weg nach Al-Andalus – das islamische Spanien. Alfons XI. von Kastilien drohte Gibraltar zu erobern, und Ibn Battūta verließ Tanger zusammen mit einer Gruppe Muslime – mit der Absicht, die Hafenstadt zu verteidigen. Als er dort ankam, war Alfons ein Opfer der Pest geworden, und Gibraltar war nicht mehr bedroht; Ibn Battūta setzte seine Reise zum Vergnügen fort. Er reiste durch Valencia und erreichte Granada.

Ein Teil der islamischen Welt, den Ibn Battūta niemals erforscht hatte, war Marokko selbst. Auf seiner Rückreise von Spanien legte er einen kleinen Aufenthalt in Marrakesch ein, das nach der Pestepidemie und dem Umzug der Hauptstadt nach Fez beinahe ausgestorben war.

Wieder kehrte er nach Tanger zurück, und wieder reiste er weiter. Zwei Jahre vor Ibn Battūtas erstem Kairobesuch hatte der malische König Mansa Musa die Stadt auf seiner eigenen Hadsch durchquert und aufgrund seines protzenden Reichtums Aufsehen erregt – zu dieser Zeit kam etwa die Hälfte des Goldvorrates der Welt aus Westafrika. Auch wenn Ibn Battūtas Aufzeichnungen hiervon nicht explizit berichten, so hatte das Hörensagen dieser Ereignisse wohl sein Interesse geweckt, da er sich in Richtung dieses islamischen Königreiches auf der anderen Seite der Sahara aufmachte.

Durch die Sahara nach Mali und Timbuktu

Im Herbst 1351 verließ Ibn Battūta Fez und erreichte eine Woche später Sidschilmasa, die letzte marokkanische Stadt auf seiner Strecke. Bei einer der ersten Winterkarawanen, einige Monate darauf, war er dabei und einen Monat später fand er sich mitten in der Sahara in der Stadt Taghaza wieder. Als ein Zentrum des Salzhandels war sie überschwemmt von Salz und malischem Gold – dennoch machte die baumlose Stadt keinen günstigen Eindruck auf Ibn Battūta. Er reiste 500 Kilometer weiter durch den schlimmsten Teil der Wüste nach Oualata, damals Teil des Malireiches, heute Mauretanien.

Auf seiner Weiterreise nach Südwesten wähnte er sich auf dem Nil (tatsächlich war es der Niger), bis er in die Hauptstadt des malischen Reiches kam. Dort traf er Mansa Suleyman, der seit 1341 König war. Obwohl ihm dessen knauserige Gastfreundschaft suspekt war, blieb Ibn Battūta acht Monate dort, bevor er nigerabwärts nach Timbuktu fuhr. Zu dieser Zeit hatte die Stadt noch nicht die Größe und Bedeutung, die sie in den nächsten zwei Jahrhunderten erlangen sollte, und er reiste bald weiter. Auf halbem Weg seiner Rückreise, am Rand der Wüste in Takedda in der Nähe des heutigen Agadez, erreichte ihn eine Nachricht des marokkanischen Sultans, die ihn nach Hause befahl. Ende Dezember 1353 kehrte er von dieser letzten Reise nach Marokko zurück.

Erinnerungen und Ruhestand

Auf Veranlassung des Sultans Abū Inān Fāris diktierte Ibn Battūta seine Reiseerlebnisse dem Dichter Mohammed Ibn Dschuzaj (gest. 1357), der den einfachen Prosa-Stil Ibn Battūtas aufwendig ausschmückte und mit poetischen Beigaben versah. Obwohl einige Orte in dem entstandenen Werk Rihla („Reise/Wanderung“) offensichtlich seiner Fantasie entsprungen waren, so stellt es doch eine der genauesten existierenden Beschreibungen einiger Teile der Welt im 14. Jahrhundert dar.

Nachdem er Rihla veröffentlicht hatte, lebte Ibn Battūta noch 22 Jahre hochgeehrt in seiner Heimat, bis er im Jahr 1368 starb.

Reiseroute

Reiseroute 1325–1332

Ibn Battūtas Reiseroute 1325–1332 (Nordafrika, Irak, Persien, Arabische Halbinsel, Somalia, Swahili-Küste)

Reiseroute 1332–1346

Ibn Battūtas Reiseroute 1332–1346 (Schwarzmeergebiet, Zentralasien, Indien, Südostasien und China)

Reiseroute 1349–1354

Ibn Battūtas Reiseroute 1349–1354 (Nordafrika, Spanien und Westafrika)

Namensgeber

Ibn Battūta ist Namensgeber für den Flughafen Tanger-Boukhalef, die Ibn Battuta Shopping Mall in Dubai, mehrere Schiffe, darunter die Fähre Ibn Batouta, und den Mondkrater Ibn Battuta.

Historizität und Authentizität

Während Battūtas Reise nach wie vor als bedeutendes literarisches Werk gilt, sind nach Ansicht des Orientalisten Ralf Elger große Teile des Inhalts als Fiktion oder Plagiate anderer Reiseberichte zu betrachten. Ähnliche Zweifel an der Historizität einzelner Inhalte waren bereits zuvor von diversen Orientalisten und Historikern publiziert worden.

Schriften in englischer und deutscher Übersetzung

Literatur

Weblinks

Commons: Ibn Battuta – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Das Todesjahr wird in der mittelalterlichen arabischen Literatur unterschiedlich mit 770 n. H. (A.D. 1368) und 779 n. H. (1377 A.D.) angegeben. Siehe dazu J. M. Cuoq (Hg.), Recueil des sources arabes concernant l'Afrique occidentale du VIIIe au XVIe siècle. Paris 1975, S. 289.
  2. Tarih ve Medeniyet: Karte der Reisen Ibn Battūtas, 1325 bis 1354 (englisch)
  3. Ivan Hrbek: Ibn Battuta. In: Encyclopædia Britannica
  4. Lewis Gropp: Zeitzeuge oder Fälscher? In: Deutschlandfunk. 17. August 2010, abgerufen am 25. Januar 2018.
  5. Roxanne L. Euben: Journeys to the Other Shore: Muslim and Western Travelers in Search of Knowledge. Princeton University Press, 2008, ISBN 978-1-4008-2749-7, S. 220