In der heutigen Welt ist Codex Gregorianus zu einem Thema von großer Relevanz und Interesse für ein breites Spektrum der Bevölkerung geworden. Mit der Weiterentwicklung der Technologie und der Globalisierung hat sich Codex Gregorianus als relevantes Element im täglichen Leben der Menschen positioniert und beeinflusst alles, von der Art und Weise, wie sie kommunizieren, bis hin zur Art und Weise, wie sie ihre Geschäftstransaktionen durchführen. Die Bedeutung von Codex Gregorianus hat Grenzen überschritten und ist in verschiedenen Bereichen zu einem Diskussionsthema geworden, das zu widersprüchlichen Meinungen führt und die Notwendigkeit auf den Tisch bringt, über seine Auswirkungen auf die heutige Gesellschaft nachzudenken. In diesem Artikel werden wir verschiedene Perspektiven und Studien zu Codex Gregorianus untersuchen, um seine Auswirkungen und Relevanz heute zu verstehen.
Der Codex Gregorianus (entspricht oströmischer Bezeichnung; in Westrom: Gregorianus, Corpus Gregoriani; generell kurz: CG) ist eine um die Wende vom 3. auf das 4. Jahrhundert verfasste und nach sachlichen Gesichtspunkten zusammengestellte Privatsammlung von Juristenschriften und Kaiserkonstitutionen mit Gesetzeskraft. Der Codex gehört in die Zeit des nachklassischen Rechts, ist selbst im Urtext nicht erhalten geblieben, findet sich aber in mehreren späteren Sammlungen und Kodifikationen wieder.
Erstellt wurde das Werk wohl 291 auf Veranlassung des römischen Kaisers Diokletian in Rom. Theodor Mommsen und andere, waren noch von einer Herstellung in Beirut ausgegangen, dies außerdem zu einem späteren Zeitpunkt – zwischen 297 und 302. Das später entstandene Rechtswerk der Mosaicarum et Romanarum legum collatio gibt mehrere Hinweise auf die Entstehung von Gesetzen beziehungsweise deren Datierung in den 290er-Jahren.
Diokletian hatte einem der Vorsteher seiner Libellkanzlei (vermutlich war sein Name Gregorius) in Auftrag gegeben, alle Kaiserentscheidungen seit Hadrian zu sammeln und zu veröffentlichen. Der zumeist gebrauchte Werksbegriff „Privatsammlung“ darf dabei aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass dem entstehenden Kodex verbindlicher hoheitlicher Charakter mit Außenwirkung beigemessen wurde. Daran änderte auch nichts, dass Diokletian es unterließ, den Senat zur Ratifizierung heranzuziehen, denn die Außenwirkung von Recht war fortan unter kaiserliche Aufsicht gestellt, ebenso wie bürokratische Vorgänge des Staates an sich unter seine Aufsicht gestellt war. Mit dem Auftrag an seinen Spitzenbeamten verband sich somit ein Doppeltes: die bereits bestehenden kaiserlichen Anordnungen sollten verbindlich bleiben, soweit sie seit Hadrian ergangen waren. Seine eigenen Anordnungen bedurften keiner Legitimation durch ein Gremium außerhalb seines Beamtenapparats.
Gegen Ende des 3. Jahrhunderts umfasste das römische Privatrecht zwei große Schriftmassen. Zum einen waren das verbindliche Juristenschriften (iura), zum anderen Kaiserentscheidungen, die teils wieder leges genannt wurden, insbesondere aber Reskripte, die je einzelfallbezogen, bürgerliche Rechtsfragen und Anträge beschieden. Die Normenhierarchie war dergestalt, dass die Kaiserkonstitutionen gegenüber den klassischen Juristenschriften Vorrang genossen, als höherrangiges Recht galten. Die im Codex Gregorianus aufgenommenen Juristenschriften entstammten der hoch- und spätklassischen Epoche. Deren Vertreter waren Gaius und Ulpius Marcellus, Rechtsgelehrte der späten Hochklassik, daneben Papinian und Ulpian, je Repräsentanten der Spätklassik. Diokletian war daran gelegen, dass die beiden Rechtsmassen allgemein zugänglich gemacht würden. Da der Kodex nach seiner Fertigstellung rasche Anerkennung fand, gab Diokletian wenig später noch den in der Zeit um 293/294 entstandenen Codex Hermogenianus in Auftrag. Verfasst wurde dieser Codex vom namengebenden Hermogenian (selbiger bekannt auch für die Abfassung der iuris epitomae). Hermogenian war Kanzleileiter (magister libellorum) in der Spitzenbehörde des Kaisers in den Jahren von 293 bis 295.
Nach Fertigstellung war das Werk in 15 oder 16 Bücher (libri) zu je 20 bis 40 Sachtiteln gegliedert. Detlef Liebs bezweifelt dabei eine korrekte Überlieferung durch die Collatio, wonach 19 Bücher beinhaltet gewesen sein sollen. Über den Kompilator selbst ist nichts bekannt, außer dass er über herausragende juristische Fähigkeiten verfügt haben muss. Seine – wohl häufig belehrend wirkende – didaktische Methode war den römischen Traditionen verpflichtet. Bezüglich der Gestaltung des Werkes stellt Liebs fest, dass Gregorianus (oder Gregorius) den Stoff sehr tief durchgegliedert hat und dabei neue Rechtsgattungen entstanden seien. Sich der Auffassung von Fritz Schulz entgegenstellend, geht Liebs zudem davon aus, dass bis dahin keine vergleichbaren Kompilationen geschaffen worden waren. Seinem Inhalt nach stelle das Werk insoweit etwas Neues dar, als der Verfasser auch fremde Substanz in das Werk aufgenommen hat, etwa die libri XX aus der Rechtsschule von Beirut, Abhandlungen zum Werk De constitutionibus. Geordnet seien die Materien nach einem „modifizierten Digestensystem“ (heute „Codexsystem“), das sich methodisch bereits weit von den hochklassischen Digestenwerken entfernt habe. Aufgrund des Fehlens ursprünglicher Skriptfassungen und in Ermangelung sekundärer Überlieferungsliteratur, gestaltet sich für die Quellenforschung die Klärung der Frage schwierig, ob der Autor in die Inhalte eingegriffen hatte. Gleichwohl kommt sie zu dem Ergebnis, dass prägregorianische Texte, die später in den Codex Iustinianus eingeflossen sind, für den Codex noch gekürzt und teils gestrichen worden waren. Diverse Texte seien zudem auf Inhaltsangaben reduziert worden und bezüglich präpertinakischer Konstitutionen in weiten Teilen gar nicht mehr wiedergegeben worden, stattdessen seien Wiedergaben der klassischen Juristenliteratur entnommen worden.
Das zusammengeführte Material, das wohl vornehmlich aus römischen Zentralarchiven, von syrischen und Beiruter Adressen und aus sonstigen Provinzen stammte, blieb nicht erhalten, war aber vor seinem Untergang noch in den 534 geschaffenen Codex Iustinianus, Bestandteil des später so bezeichneten Corpus iuris civilis, aufgenommen worden. Bereits im 4. und 5. Jahrhundert fanden Auszüge daraus Einlass in die anonymen Werke der eingangs bereits erwähnten Mosaicarum et Romanarum legum collatio, die Consultatio veteris cuiusdam iurisconsulti und auch in die Fragmenta Vaticana. Eine Wiederaufnahme der Leitgedanken des Codex Gregorianus kann in der offiziellen Konstitutionensammlung des Kaisers Theodosius II. erblickt werden, der im 5. Jahrhundert den Codex Theodosianus (438) publizieren ließ, versehen mit mehr als 3000 Konstitutionen seit der Regierungszeit des Kaisers Konstantin. Dieser Kodex enthielt vornehmlich Verwaltungsrecht, weshalb er für die Forschung zu den spätantiken Verwaltungszuständen eine hervorragende Quelle darstellt. Weiterhin ist ausgetragen, dass der Text des Codex Gregorianus maßgebenden Einfluss auf den Inhalt der Sententiae Syriacae hatte.
Die Fragmenta Londiniensia Anteiustiniana, siebzehn Pergamentfragmente, wurden in den Jahren 2009/10 als vermutliche Überreste des Codex Gregorianus identifiziert.
Die beiden ersten nachchristlichen Jahrhunderte waren für Rom von Wirtschaftswachstum und Wohlstand geprägt. Mit den Kaisern Diokletian bis hin zu Konstantin, begann ein Zeitabschnitt, der einschneidende Staatsreformen mit sich brachte. Insbesondere wurde die Bürokratie stark zentralisiert, was den Regimen gelegentlich das Etikett des Betriebs eines „Zwangsstaates“ einbrachte. Der Entwicklung des römischen Privatrechts kam dies zugute. Das Gerichtswesen (Klagen) und die Rechtspflege oblagen dem Prätor in seiner Funktion als Hoheitsorgan, die Urteile hingegen wurden von einem privaten Richter (iudex) gefällt. Staatliche Gesetzgebung spielte eine untergeordnete Bedeutung. Stattdessen entwickelten sogenannte Respondierjuristen das Privatrecht in sachlicher Hinsicht fort, wobei von einem leistungsfähigen Juristenstand in der Zeit gesprochen werden darf. Mit Beginn des 3. Jahrhunderts waren wesentliche juristische Leistungen erbracht, denn den großen Ediktskommentaren und diese kommentierende Problemliteratur (disputationes und quaestiones), wurde in der Folge kaum mehr etwas hinzugefügt.
Die Aktivitäten der Reskriptskanzleien Diokletians und die Rechtssammlungen der Codizes Gregorianus und Hermogenianus gelten gemeinhin als Abschluss der klassischen Rechtskultur. Einem Ulpian, Paulus oder Modestin vergleichbare Juristen traten fortan nicht mehr in Erscheinung. Stattdessen setze eine sukzessive Vulgarisierung des römischen Rechtsdenkens ein. Gründe dafür lassen sich im überreichen Angebot an juristischer Literatur einerseits finden, andererseits destabilisierte sich das Reich politisch und wirtschaftlich ab dem 3. Jahrhundert zunehmend. Das Streben nach Anschaulichkeit, Volksnähe und effizienter Rechtsordnung führte zur Kassation überholter Gerichtsstrukturen wie des Formularprozesses. Abgelöst wurde der Prozesstyp durch die kaiserliche Gerichtsbarkeit. Die Beamten des sich nun etablierenden Kognitionsverfahrens verfuhren nicht mehr aufgrund Edikts, sondern auf verwaltungsrechtliche Weisung hin. Selbige entzog sich aber der Einflussnahme durch die wissenschaftliche Jurisprudenz. Bedeutende Rechtsgeschäfte wie die mancipatio oder in iure cessio wurden durch die einfacheren Regeln der traditio abgelöst. Das Spektrum der Lehrmeinungen wurde deutlich verkürzt und auf wenige Autoritäten begrenzt. Außerdem wurde die rechtlichen Bindungen der unterschiedlichen Rechtsschichten aufgegeben; das betraf das Nebeneinander von ius civile, honorarium und gentium. Als unzeitgemäß betrachtet, wurden die Rechtsebenen überwunden.
Fortschreibungen und Weiterverarbeitungen der im Codex enthaltenen Auszüge der Bücher 35 bis 38 der ulpianischen libri ad Sabinus – sie richteten sich an den Rechtsschulbegründer der Sabinianer und Prokulianer, Masurius Sabinus (1. Jahrhundert) – lassen sich in den der Rechtsschule von Beirut zugeordneten Scholia Sinaitica vorfinden. Neben zweien aus dem Codex Hermogenianus, fanden dreiundzwanzig gregorianische Reskripte Einlass in die Lex Romana Visigothorum des tolosanischen Königs Alarich. Zehn der gregorianischen und beide hermogenianischen Reskripte wurden dabei mit interpretationes versehen. Ursprünglich dienten sie der Erläuterung klassischer Rechtstexte, heute geben sie Aufschluss über Bedeutung und Inhalt des spätantiken römischen Rechts.