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Kernkraftwerk Zwentendorf | ||
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Kernkraftwerk Zwentendorf | ||
Lage | ||
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Koordinaten | 48° 21′ 16″ N, 15° 53′ 5″ O | |
Land | Österreich | |
Daten | ||
Eigentümer | Energieversorgung Niederösterreich (EVN AG) | |
Betreiber | Energieversorgung Niederösterreich (EVN AG) | |
Projektbeginn | 1. Mai 1971 | |
Stilllegung | 1. Dezember 1978 | |
Bau eingestellt (Brutto) |
1 (723 MW) | |
Stand | 26. Mai 2008 | |
Die Datenquelle der jeweiligen Einträge findet sich in der Dokumentation. |
Das Kernkraftwerk Zwentendorf, vom Betreiber EVN Atomkraftwerk Zwentendorf genannt, wurde ab 1972 gebaut und aufgrund der entsprechenden Volksabstimmung 1978 nie in Betrieb genommen. Der Standort liegt im Tullnerfeld bei Zwentendorf an der Donau (Niederösterreich). Das Kraftwerk gilt als größte Investitionsruine der Republik Österreich, als innenpolitisches Symbol und als ein Markstein der Wirtschaftsgeschichte.
Am 11. November 1969 wurde der Bau des Kernkraftwerks Zwentendorf von der damaligen Bundesregierung Klaus II genehmigt. Geplant war ein Siedewasserreaktor der Baulinie 69 mit einer Nettoleistung von 692 Megawatt; er sollte 5,2 Milliarden Schilling (1,6 Mrd. Euro nach heutiger Kaufkraft) kosten. Am 4. April 1972 wurde mit dem Bau begonnen.
Siemens wurde als Generalunternehmer für die Planung, Errichtung und Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes beauftragt. Den Zuschlag für die Ausführung der Bauarbeiten erhielt die „Arbeitsgemeinschaft Kernkraftwerk Zwentendorf“, bestehend aus den Firmen Mayreder, Porr, H. Rella & Co, Heitkamp, AST, Universale und Neue Reformbau. Des Weiteren bestand auch Beteiligung der VÖEST, speziell für die Herstellung des Sicherheitsbehälters.
Der Energieplan des Jahres 1976 sah den Bau von insgesamt drei Kernkraftwerken in Österreich an der Donau vor: Eines sollte in St. Pantaleon-Erla an der Grenze zwischen Niederösterreich und Oberösterreich errichtet werden, wofür bereits die Flächen angekauft waren und ein weiteres im Eferdinger Becken, wo aber noch kein konkreter Standort festgelegt worden war. Ferner sollte ein Reaktor in St. Andrä in Kärnten erstellt werden. Bereits in den 1960er Jahren war in Edling ein Gebiet neben der Drau für ein Atomkraftwerk ausgewiesen worden.
Errichtet und betrieben werden sollte das Kraftwerk Zwentendorf von der Gemeinschaftskernkraftwerk Tullnerfeld Ges.m.b.H. (GKT), an der der Bund und die einzelnen Bundesländer durch ihre jeweiligen Energieversorgungsunternehmen wie folgt beteiligt waren:
Auf Drängen der Bundesländer wurde der Baubeschluss für das Kraftwerk von der Bundesregierung unter Kanzler Kreisky am 22. März 1971 gefällt. Bereits das Energiekonzept der Regierung unter Josef Klaus sah den Bau des Kraftwerks vor. Gebaut wurde der Siedewasserreaktor durch die deutsche Siemens AG. Das Containment wurde von der VOEST produziert. Der Abluftkamin hat eine Höhe von 110 Metern.
Nach der Errichtung des Kernkraftwerks lehnten 50,47 Prozent der bei der Volksabstimmung am 5. November 1978 Abstimmenden (Wahlbeteiligung von 64,1 %) die Inbetriebnahme ab. Nach der Volksabstimmung kam es zu heftigen Diskussionen. Der damalige Bundeskanzler Bruno Kreisky (SPÖ) hatte angekündigt, im Falle eines Votums gegen das Kraftwerk zurückzutreten. Die damalige ÖVP unter Obmann Josef Taus sah damals eine Chance, den übermächtigen Bundeskanzler Kreisky im Falle einer Niederlage zu schwächen oder zum Rücktritt zu bewegen, was allerdings trotz verlorener Abstimmung nicht eintrat: Bruno Kreisky erreichte bei der Nationalratswahl 1979 seinen größten Wahltriumph. Bis zum März 1985, als die „stille Liquidierung“ des Kernkraftwerks Zwentendorf beschlossen wurde, kostete es insgesamt 14 Milliarden Schilling, 600 Millionen Schilling davon waren allein für die Instandhaltung nötig gewesen.
In der Folge führte die Nichtinbetriebnahme im Dezember 1978 zum Atomsperrgesetz, nach welchem in Österreich auch in Zukunft keine Kernkraftwerke ohne Volksabstimmung gebaut werden dürfen. Dieses Gesetz wurde 1999 durch das Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich verschärft, welches im Verfassungsrang steht – seit der Katastrophe von Tschernobyl 1986 ist die Anti-Atom-Politik gesellschaftlicher und auch parteipolitisch einhelliger Konsens.
Später wurde eine Öffnung in die doppelwandige Kondensationskammer des Kraftwerkes geschnitten, um die Kammer den Besuchern zugänglich zu machen. Damit ist eine Inbetriebnahme des Kernkraftwerks unmöglich, da an dem Durchbruch Strahlung austreten und somit das AKW keine Zulassung mehr bekommen würde. Dieser Durchbruch wird auch als „Todesstoß von Zwentendorf“ bezeichnet.
Außerdem wurde Zwentendorf – abseits der parteipolitischen Aspekte – zu einem Wendepunkt des Demokratieverständnisses in Österreich, wie auch wenige Jahre später die Ereignisse um die Besetzung der Hainburger Au.
Die Volksabstimmung wurde auch von dem Thema der Erdbebensicherheit um das AKW Zwentendorf beherrscht. Dabei spielte das historische Erdbeben von Neulengbach 1590 am 15. September mit dem vermuteten Epizentrum in Ried am Riederberg eine große Rolle. Das AKW Zwentendorf liegt 50 km entfernt und die widersprüchlichen Argumente zur Erdbebengefährdung des Standortes trugen zur allgemeinen Verunsicherung bei. Das führte dazu, dass ein neuer Wissenschaftszweig, die Historische Erdbebenforschung an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Wien etabliert wurde. Eine internationale anerkannte Wissenschaftsmethode entstand und führte 2012 zum europäischen Erdbebenkatalog zur Bestimmung der Erdbebengefährdung in bestimmten Gebieten und dem EUROCODE-8 Normenwerk für erdbebengerechtes Bauen in Europa.
Kritische Liedermacher wie Erich Demmer, Sigi Maron, Kurt Winterstein und Martin Auer engagierten sich mit eigenen Liedern gegen die Inbetriebnahme des Kernkraftwerks, ebenso die Politrockgruppe „Auflauf“ des späteren Fernsehautors Fritz Schindlecker. Im November 1998, zwanzig Jahre nach der Volksabstimmung, brachte Wolfgang Kos eine Auswahl dieser Lieder in der Ö1-Sendereihe Spielräume.
Der Stimmenroman „Damals und dort“ (2010) des Autors Reinhard Wegerth enthält zwei Episoden zum Kernkraftwerk Zwentendorf. Die eine schildert, was Bundeskanzler Bruno Kreisky bewogen haben könnte, eine Volksabstimmung abzuhalten; die andere, warum bei dieser auch Befürworter der Kernkraft mit „Nein“ stimmten.
Im Jahr 1987 wurde das Kohlekraftwerk Dürnrohr in Betrieb genommen. Der Standort wurde so gewählt, dass die Stromleitungen des Kraftwerks Zwentendorf genutzt werden konnten.
Von 1983 bis 1996 diente die GK Dürnrohr (Nennübertragungsleistung 550 MW) dem Energieaustausch zwischen Österreich und der damaligen Tschechoslowakei. Seit 1983 kann auch über die vom Umspannwerk Dürnrohr nach Tschechien führende Hochspannungsleitung zum Sammelumspannwerk Slavětice des Kernkraftwerks Dukovany Strom importiert und exportiert werden.
Der Siedewasserreaktor diente gelegentlich als Ersatzteilspender für eines der drei baugleichen deutschen Kernkraftwerke Isar 1, Brunsbüttel oder Philippsburg 1; diese drei wurden 2011 stillgelegt. Er wurde zu Ausbildungszwecken für die deutsche Kraftwerksschule e. V. in Essen genutzt. Das KKW Zwentendorf kann seit Juni 2010 von jedermann nach Voranmeldung besichtigt werden.
Die EVN AG hat im Jahr 2005 das Kraftwerk gekauft und ein Sicherheitstrainingszentrum eingerichtet. Auf dem Gelände wurde eine Photovoltaikanlage errichtet und am 25. Juni 2009 in Betrieb genommen. Derzeit erzeugen 2.300 an der Fassade und im Freigelände installierte Solarmodule 450 kWp elektrische Energie. 1.300 Module davon werden als Bürgerbeteiligungsprojekt betrieben.
Im Jahr 2010 wurde gemeinsam mit der Technischen Universität Wien das Photovoltaik-Forschungszentrum Zwentendorf gegründet. Damit verbunden ist eine 190-Kilowatt-Photovoltaikanlage. Diese besteht aus zwei Modulen mit Nachführung.
Daneben waren in der Anlage auch andere Einrichtungen untergebracht:
Es wurden auch umweltpolitische Aktionen gesetzt, die die Prominenz des Ortes und seine Nähe zum heutigen Natura-2000-Gebiet Tullnerfelder Donau-Auen nutzten:
Historische Datenbanken:
Bildgalerien: