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Die Tscherkessen in der Türkei (kabardinisch und adygeisch Адыгэхэр Тырку/Adyghexer Tyrku, türkisch Türkiye Çerkezleri) stellen mit etwa 2 Millionen Personen (2,8 Prozent der türkischen Gesamtbevölkerung) eine der größten ethnischen Minderheiten in der Türkei dar. Zu den Tscherkessen werden in der Türkei auch die eng verwandten Ethnien Abasinen (10.000), Tschetschenen (100.000) und Abchasen (39.000) gezählt. Die Tscherkessen sind Nachkommen eines Kaukasusvolkes, die vertrieben wurden, geflohen sind oder einwanderten. Die große Mehrheit von ihnen wurde assimiliert und nur knapp die Hälfte beherrscht noch eine der tscherkessischen Sprachen, überwiegend Kabardinisch (550.000 Sprecher) und an zweiter Stelle Adygeisch (275.000 Sprecher). Die Tscherkessen in der Türkei sind nahezu ausschließlich sunnitische Muslime hanafitischer Richtung.
1770 betraten die Russen erstmals das kaukasische Gebiet. Fast 100 Jahre lang leisteten die tscherkessischen Stämme Widerstand gegen die russische Kolonisation des Kaukasus. Nach dem Kaukasuskrieg trat der Krieg zur Unterwerfung des Kaukasus in seine entscheidende Phase, in der die Tscherkessen schließlich der Übermacht der kaiserlich russischen Armee unterlagen. Am 21. Maijul. / 2. Juni 1864greg. wurde der Krieg vom Zaren Alexander II. für beendet erklärt. Nachdem bereits während des Krieges Tscherkessen aus dem Gebiet geflohen waren, wurden nun viele der Verbliebenen in das Osmanische Reich deportiert. Bei Flucht und Deportation über das Schwarze Meer in offenen Barkassen und kleinen Booten kamen viele ums Leben, anschließend verringerten Hungersnot und Krankheiten ihre Zahl weiter.
Nach dem Russisch-Türkischen Krieg 1877–1878 kamen dann weitere tscherkessische Flüchtlinge ins Osmanische Reich. Zwischen den Jahren 1855 und 1880 kamen insgesamt etwa 600.000 tscherkessische Flüchtlinge im Osmanischen Reich an, die überwiegend in den west- und zentralanatolischen Vilayets sowie im Vilâyet Aleppo, im Sandschak Deir ez-Zor, Vilâyet Mossul und Vilâyet Syrien angesiedelt wurden. Rund 150.000 Tscherkessen wurden von den Russen in anderen Regionen des Russischen Kaiserreichs angesiedelt; im nordwestlichen Kaukasus, dem Siedlungsgebiet der Tscherkessen, wurden zumeist christliche russische Bauern und Kosaken aus dem Landesinneren des Russischen Kaiserreichs angesiedelt. 1864 war der nordwestliche Kaukasus fast vollständig russifiziert. Die Zahl der Tscherkessen, die bei den Vertreibungen zwischen 1855 und 1880 umgekommen sind, liegt bei etwa 1,5 Millionen.
In der Geschichte des Osmanischen Reiches sowie der Türkei waren die Tscherkessen stets loyal gegenüber den herrschenden Parteien, Politikern und Sultanen. So spielten die Tscherkessen in der Organisationsphase des türkischen Befreiungskrieges 1919–1922 eine bedeutende Rolle; sie schlossen sich den Truppen der Kuvayı Milliye unter der Führung Mustafa Kemal Atatürks an. Nach der siegreichen Beendigung des Befreiungskrieges und der Unabhängigkeitserklärung Atatürks 1923 wurde den Tscherkessen jedoch jede kulturelle Betätigung untersagt. Kulturvereine wurden geschlossen, ihre Veröffentlichungen in tscherkessischer Sprache verbrannt und die Mitglieder wurden inhaftiert. In den 1930er Jahren wurde die tscherkessische Sprache zusammen mit den anderen Minderheitensprachen verboten.
Seit den 1960er Jahren verbesserte sich die Lage der Tscherkessen in der Türkei und im ganzen Land gründeten die Tscherkessen Kulturvereine wie den Kaukasischen Verein (türk. Kafkas Derneği) oder die Föderation der Kaukasischen Vereine (türk. Kafkas Dernekleri Federasyonu).
Die in der Türkei lebenden Tscherkessen sind oft in demokratischen und liberalorientierten Parteien wiederzufinden. Durch die europaorientierte Politik der Türkei seit den Beitrittsverhandlungen und die daraus resultierende minderheitsfreundliche Politik erhofften sich die Tscherkessen und ihre Kulturvereine ein liberaleres und effektiveres Wirken gegen das Fortschreiten der Assimilation und Sprachensterben unter den Tscherkessen in der Türkei. Unter den Tscherkessen in der Türkei und in der Diaspora gibt es jedes Jahr am 21. Mai eine Veranstaltung zum Gedenken an die etwa 1,5 Millionen Verstorbenen bei Zwangsdeportationen.
Tscherkessen leben verstreut in der gesamten Türkei und hauptsächlich in Dörfern in den Provinzen Adana, Amasya, Balıkesir, Bolu, Bursa, Bilecik, Çanakkale, Çorum, Düzce, Eskişehir, Kahramanmaraş, Kayseri, Kocaeli, Samsun, Sivas, Tokat und Yozgat. Dazu kommt die Diaspora-Gemeinde in der Metropole Istanbul und weiteren Großstädten wie Adana, Ankara, Bursa und Izmir.
(* = väterlicherseits tscherkessischer Abstammung)
(** = mütterlicherseits tscherkessischer Abstammung)