In der heutigen Welt ist Parallelgesellschaft für ein breites Publikum zu einem Thema von zunehmendem Interesse geworden. Mit dem Fortschritt der Technologie und der Globalisierung ist Parallelgesellschaft in unserem täglichen Leben immer relevanter geworden. Ob als soziales Phänomen, als historische Figur oder als zeitgenössisches Konzept: Parallelgesellschaft hat die Aufmerksamkeit vieler Menschen auf der ganzen Welt auf sich gezogen. In diesem Artikel werden wir verschiedene Aspekte von Parallelgesellschaft untersuchen und seine Auswirkungen auf die heutige Gesellschaft analysieren. Darüber hinaus werden wir seine Entwicklung im Laufe der Zeit und seine Rolle in verschiedenen kulturellen Kontexten untersuchen. Wir hoffen, durch diese Untersuchung Aufschluss über die Bedeutung und Relevanz von Parallelgesellschaft heute zu geben.
Parallelgesellschaft ist ein soziologischer Begriff. Er beschreibt die gesellschaftliche Selbstorganisation eines segregierten, sozialen Milieus, das sich „von der Mehrheitsgesellschaft abschottet und ein alternatives Wertesystem befolgt“. Es „kann ethnisch oder religiös oder von beidem zugleich geprägt werden“, entspricht dabei nicht den überkommenen Regeln und Moralvorstellungen der Mehrheitsgesellschaft und wird von dieser mitunter als ablehnend empfunden. Der Begriff überschneidet sich in seinem Bedeutungsinhalt mit Gegenkultur und Subkultur. Er hat seit den 1990er Jahren zusehends Eingang in die wissenschaftliche und öffentliche Integrationsdebatte erhalten und wird kontrovers diskutiert.
Das Wort Parallelgesellschaft wurde Anfang der 1990er Jahre von dem Bielefelder Soziologen Wilhelm Heitmeyer in die Debatte um Migration und Integration eingebracht, wobei der Begriff zunächst kaum Beachtung gefunden hat. Im Jahre 1996 wurde es bereits gelegentlich, aber noch zögerlich verwendet. Populär wurde das Wort erst in den Jahren 2003 und 2004.
Nach der Ermordung des islamkritischen Filmemachers Theo van Gogh am 2. November 2004 erfolgten im Lauf des Novembers Anschläge auf eine Koranschule sowie auf Moscheen, islamische Schulen und auch Kirchen in den Niederlanden. In der folgenden öffentlichen Kontroverse wurde zunächst in den Niederlanden, dann im übrigen Europa das Schlagwort „Parallelgesellschaft“ in den Massenmedien popularisiert. Es wurde oft mit der Auffassung kombiniert, dass die multikulturelle Gesellschaft gescheitert sei und die drohende Spaltung der Gesellschaft politisches Handeln erfordere. 2004 wählte die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) den Ausdruck Parallelgesellschaften bei den Wörtern des Jahres auf den 2. Platz, in Anlehnung an die gesellschaftliche Diskussion um die Integration von zumeist muslimischen Ausländern. Nach dem Terroranschlag am 7. Juli 2005 in London und den Unruhen in Frankreich 2005 wurde das Wort erneut verstärkt im Diskurs verwendet.
Im Januar 2007 thematisierte der Kulturwissenschaftler Wolfgang Kaschuba in einem Kommentar im Berliner Tagesspiegel die Debatte über Parallelgesellschaften. Er betont, dass über den Begriff Parallelgesellschaft neue Ängste deutlich werden und dieser auch einen neuen Begriff von Fremdheit darstellt. „Zwei Bilder vor allem sind es, die gegenwärtig die öffentliche Wahrnehmung prägen. Zum einen werden Migranten verstärkt als ethnisch Fremde identifiziert. Als Fremde, die deshalb auch nicht der Mehrheitsgesellschaft angehören. Zum andern erfahren zunehmend islamistische Gruppen öffentliche Aufmerksamkeit. Seit jenem 11. September scheinen sie den Nährboden zu bilden für einen Terrorismus, der im Namen des Dschihad auch in Europa bereits seine blutigen Spuren von London bis Madrid hinterlassen hat.“ Kaschuba erwähnt dahingehend die öffentliche und mediale Dramatisierung und Diskriminierung von Migranten, wodurch ein neuer Alarmismus gefördert würde, „(...) der fremde Bedrohung überall sieht und fremdenfeindliche Züge trägt. Dazu gehört auch die Rede von der Parallelgesellschaft. (...) er Begriff produziert selbst eine kulturelle Differenz, die er vorgeblich diagnostiziert. Er zieht eine innere kulturelle Grenze in die Gesellschaft ein, die 'uns' wie 'die anderen' homogenisiert und essenzialisiert“.
Im November 2004 veröffentlichte die Redaktion von Spiegel Online ein Interview mit dem Historiker Klaus J. Bade. Darin brachte Bade zum Ausdruck, dass der Begriff Parallelgesellschaft Merkmale von Populismus aufweist. Er sagte:
„Parallelgesellschaften im klassischen Sinne gibt es in Deutschland gar nicht. Dafür müssten mehrere Punkte zusammenkommen: eine monokulturelle Identität, ein freiwilliger und bewusster sozialer Rückzug auch in Siedlung und Lebensalltag, eine weitgehende wirtschaftliche Abgrenzung, eine Doppelung der Institutionen des Staates. Bei uns sind die Einwandererviertel meist ethnisch gemischt, der Rückzug ist sozial bedingt, eine Doppelung von Institutionen fehlt. Die Parallelgesellschaften gibt es in den Köpfen derer, die Angst davor haben: Ich habe Angst, und glaube, dass der andere daran Schuld ist. Wenn das ebenso simple wie gefährliche Gerede über Parallelgesellschaften so weitergeht, wird sich die Situation verschärfen. Dieses Gerede ist also nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems.“
Beim Konflikt zwischen Gesellschaft und Parallelgesellschaft geht es um die Interessenkollision zwischen einer alteingesessenen Mehrheit mit wenigen Erfahrungen des sozialen Abstiegs und einer eingewanderten Unterschicht mit bereits konkurrenzfähigen, obwohl schwachen Chancen sozialen Aufstiegs. Es ist zugleich ein sozialer Konflikt einer säkularisierten Mehrheit mit einer ihre mitgebrachten religiösen Traditionen „modernisierenden“ Minderheit.
Der Soziologe Lewis A. Coser bezeichnete 1964 den Streit an einer derart aus der Ökonomie in die Moral verschobenen Konfliktfront als einen unrealistic conflict.
Im Frühjahr 2006 veröffentlichte die Bundeszentrale für politische Bildung in der politikwissenschaftlichen Fachzeitschrift Aus Politik und Zeitgeschichte eine Aufsatzsammlung unter dem Stichwort „Parallelgesellschaft?“ Die Ergebnisse der jeweiligen Studien lassen sich so zusammenfassen:
Wissenschaftliche Aufsätze
Wissenschaftliche Essays
Hörfunk
Online-Redaktionen