In der heutigen Welt ist Kontrahierungszwang ein Thema, das in der Gesellschaft immer relevanter geworden ist. Seit seiner Entstehung ist Kontrahierungszwang Gegenstand von Debatten und Interesse, hat widersprüchliche Meinungen hervorgerufen und die Neugier von Experten und Laien gleichermaßen geweckt. Ob aufgrund seiner Auswirkungen auf das tägliche Leben, seiner historischen Relevanz oder seines Einflusses in verschiedenen Bereichen: Kontrahierungszwang hat sich als Thema von globalem Interesse etabliert. In diesem Artikel werden wir die verschiedenen Facetten von Kontrahierungszwang untersuchen und seine Bedeutung im aktuellen Kontext diskutieren.
Der Kontrahierungszwang (auch Abschlusszwang) beschreibt die gesetzlich auferlegte Rechtspflicht einer Partei, das vertragliche Angebot der anderen Partei anzunehmen und ein Rechtsverhältnis zu festgelegten Bedingungen zu begründen. Beispielsweise werden Fahrgäste im Rahmen des Kontrahierungszwangs von den Verkehrsbetrieben grundsätzlich deshalb nur nach den Bedingungen des öffentlichen Tarifs befördert; ein gesetzlicher Krankenversicherer muss andererseits jedem Interessenten, unabhängig von dessen Gesundheitszustand, ein Angebot zur Absicherung machen.
Etymologisch leitet sich Kontrahierung aus (lateinisch contractus, „Kontrakt“) ab. Kontrahierungszwänge beschränken die grundsätzlich umfassend geltende Vertragsfreiheit.
Da der Kontrahierungszwang im Widerspruch zum Grundsatz der Privatautonomie steht, ist er nur in sehr begrenzten Ausnahmefällen zulässig. Fälle sind lebensnotwendige Leistungen, die für den Wirtschaftsverkehr wichtig sind, die nicht jeder Interessent von Anbietern freiwillig erhalten würde. Ein Beispiel ist der Stromliefervertrag. In diesen Fällen kann Anschluss- und Benutzungszwang für öffentlich-rechtliche Anbieter von Leistungen bestehen. Daneben gibt es auch faktischen Kontrahierungszwang, der sich aufgrund des gesetzlich vorgesehenen Einbezugs privater Dienstleister im Rahmen hoheitlicher Daseinsvorsorge ergibt.
Kontrahierungszwänge sind bereits aus dem Frühmittelalter bekannt, als es um die Beförderung von Pilgern in das Heilige Land ging. Die Rottordnungen des Mittelalters verpflichteten die in Rotten zusammengeschlossenen Fuhrleute zur Beförderung, wenn auch zum Teil nur gegen Vorauszahlung der Fracht. Im englischen Recht gab es im Mittelalter bei Dienstleistungen für bestimmte Berufe die Doktrin, dass sie ihre Dienste öffentlich anzubieten verpflichtet waren (englisch common calling). Das galt insbesondere für Frachtführer (englisch carrier) wie Eisenbahnen oder auch für Schmiede, Schneider oder Gastwirte (englisch inn keeper). Der Kontrahierungszwang ist ausdrücklich ausgesprochen in der Handfeste aus dem Jahre 1400 des Herzogs Albrecht von Österreich für die Schneiderzunft in Wien.
Eine oldenburgische Fuhrordnung vom Oktober 1706 sah ebenfalls einen Kontrahierungszwang für Fuhrleute vor. Das Preußische Gesetz über die Eisenbahn-Unternehmungen vom November 1838 verpflichtete die Eisenbahn zur Frachtbeförderung, die im Mai 1861 Eingang ins ADHGB (Art. 422 ADHGB) fand. Ab 1894 erstreckte sich die Beförderungspflicht auch auf die Personenbeförderung. Zum Ende des 19. Jahrhunderts existierte bereits eine beachtliche Anzahl von Rechtsnormen, die einen Kontrahierungszwang anordneten.
Die USA erklärten Erdölpipelines durch den Hepburn Act aus 1906 zu öffentlichen Verkehrsmitteln (englisch common carriers) und unterwarfen sie der Beförderungspflicht, in Frankreich sind Rohrleitungen durch das Dekret Nr. 59–645 vom 16. Mai 1959 der Beförderungspflicht unterworfen. Der englische Transport Act beseitigte ab 1962 die Beförderungspflicht für Güter- und Personentransporte. Hans Carl Nipperdey definierte 1920 in seiner Habilitationsschrift den Kontrahierungszwang als „die aufgrund einer Norm der Rechtsordnung einem Rechtssubjekt ohne seine Willensbindung im Interesse eines Begünstigten auferlegte Verpflichtung, mit diesem einen Vertrag bestimmten oder von unparteiischer Seite zu bestimmenden Inhalts abzuschließen“. Im Dezember 1939 folgte die Beförderungspflicht für Taxen und Linienverkehrsunternehmer. Seit Juli 1964 gibt es eine generelle Beförderungspflicht im Luftverkehr beim Linienverkehr.
Gesetzlich ist der Kontrahierungszwang in einigen Rechtsgebieten vorgeschrieben:
Grundsätzlich kann der Kontrahierungszwang bei staatlichen Unternehmen, die ein Monopol darstellen, auch aus einer Gesamtanalogie zu den Gesetzesvorschriften bestehen (z. B. nach § 36 Energiewirtschaftsgesetz oder nach § 5 Abs. 2 PflVG u. a.)
Wird bei einem Kontrahierungszwang der Abschluss vom Anbieter verweigert, so kann dies eine sittenwidrige Schädigung darstellen, die nach § 826 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Hierfür muss jedoch eine monopolartige Machtstellung vorliegen, so dass das lebenswichtige Gut oder das Interesse nicht anderweitig (ohne besondere Aufwendungen) zu beschaffen oder zu wahren ist. Ferner darf keine Willkür in Verletzung von Art. 3 GG vorliegen. Als Rechtsfolge wird nach der Naturalrestitution die Annahme des Vertragsangebotes fingiert.
Auch in der Schweiz ist die Abschlussfreiheit durch vertragliche oder gesetzliche Verpflichtungen zum Vertragsschluss eingeschränkt. Eine Kontrahierungspflicht setzt einem Urteil des Bundesgerichts (BG) vom Mai 2002 voraus, dass ein Unternehmer seine Waren oder Dienstleistungen allgemein und öffentlich anbietet; der rein private Güteraustausch ist von einer Kontrahierungspflicht zum vornherein ausgenommen. Zweitens kann sich der Kontrahierungszwang nur auf Güter und Dienstleistungen beziehen, die zum Normalbedarf gehören. Dazu zählen Güter und Leistungen, die heute praktisch jedermann zur Verfügung stehen und im Alltag in Anspruch genommen werden. Drittens kann ein Kontrahierungszwang nur angenommen werden, wenn dem Interessenten aufgrund der starken Machtstellung des Anbieters zumutbare Ausweichmöglichkeiten zur Befriedigung seines Normalbedarfs fehlen. Von einer solchen Machtkonstellation ist dann auszugehen, wenn entweder nur ein einziger Anbieter zureichend erreichbar ist, oder wenn sich alle in Frage kommenden Anbieter gegenüber dem Interessenten gleichermaßen ablehnend verhalten. Viertens kann von einer Kontrahierungspflicht nur dann ausgegangen werden, wenn der Unternehmer keine sachlich gerechtfertigten Gründe für die Verweigerung des Vertragsabschlusses anzugeben vermag. Im Urteil sprach sich das BG für eine Kontrahierungspflicht der Post außerhalb der Wettbewerbsdienste aus. Gesetzliche Verpflichtungen zum Vertragsschluss gibt es bei der Personenbeförderung (Art. 12 Bundesgesetz über die Personenbeförderung, PBG; SR 745.1), etwa der Pflicht der SBB zum Abschluss eines Beförderungsvertrages mit den Passagieren. In Art. 11 Fernmeldegesetz (FMG; SR 784.10) ist die Pflicht des marktbeherrschenden Anbieters zur Interkonnektion enthalten. Vertragliche Verpflichtungen zum Vertragsschluss gibt es beim Vorvertrag (Art. 22 Abs. 1 OR) und beim Rahmenvertrag.
In Österreich hat der Oberste Gerichtshof (OGH) im September 1971 entschieden, dass Kontrahierungszwang überall dort besteht, wo faktische Übermacht eines Beteiligten bei bloß formaler Parität ihm die Möglichkeit der „Fremdbestimmung“ über andere gibt, also insbesondere bei einer Monopolstellung. Der Inhaber einer Monopolstellung muss, wenn ihm ein Vertragsabschluss zumutbar ist, einen guten (sachlichen) Grund für die Verweigerung eines Vertragsabschlusses haben. Monopolstellungen kommen demnach auch Unternehmen zu, die die Öffentlichkeit mit lebenswichtigen Gütern und Leistungen zu versorgen haben, vor allem Verkehrs- und Versorgungsbetrieben wie Eisenbahn, Straßenbahn, Straßenverwaltung, Post, Elektrizitätswerk, Wasserwerk, Autobussen usw. Die Öffentlichkeit ist darauf angewiesen, sich ihrer zu bedienen. Für diese Monopolbetriebe besteht daher Kontrahierungszwang. Der Kontrahierungszwang tritt dann außer Kraft, wenn es sachlich gerechtfertigt ist.
Dem Common Law ist der Kontrahierungszwang (englisch obligation to contract) noch aus dem Mittelalter bekannt. Vor allem betrifft er Transportunternehmen (englisch common carriers), die eine generelle Transportpflicht (englisch common carriage) zu erfüllen haben.